Spinnenfressende Wespen

Immer wieder werde ich von diesen klebrigen Fäden der Netze umfangen, die von einigen Spinnen zwischen den Bäumen gewoben werden. Ihr Netz selbst ist nicht enorm groß. Mit ihren Fäden überbrücken sie aber mehrere Meter. Manchmal erscheinen die Netze wie im Nichts zu hängen. Ihr Architekt selbst ist eher friedfertig. Merkt er, dass ich ins Netz gegangen bin, verzieht er sich ruckzuck an einem der unsichtbaren langen Fäden zum Gebüsch oder Baum hinüber. Im Vergleich zu ihren Netzwerken, ist die Spinne selbst eher klein. Große Exemplare nehmen in etwa die Fläche meines Daumennagels ein.

Am Ufer des Nachbarteiches hat eine von ihnen ihre klebrige Falle aufgespannt. Trotz ihrer rundum blickenden Fazettenaugen werden sie von den dort in Schwärmen kreisenden Libellen nicht wahrgenommen. Für Spinne ergibt das wunderbare Festschmäuse.

Heute habe ich aber eine völlig neue Entdeckung gemacht. Schade, dass ich meine Kamera nicht dabei hatte. Es hätte einzigartige Aufnahmen gegeben. Ich habe so etwas jedenfalls noch nie gesehen. Als ich meine Augen über den Fischteich kreisen ließ, um den Cagado auszumachen, ist mir zwischen dem Ufergebüsch, mitten in der Luft ein geschäftiges Treiben aufgefallen. Der Cagado ist eine kleine Süßwasserschildkröte, deren Hals so lang ist, dass sie sich bequem umdrehen kann, sollte sie mal auf den Rücken fallen. Er lebt im Nachbarsteich. Ihn habe ich heute nicht zu Gesicht bekommen.

Bei der Annäherung an das luftige Treiben, bin ich erstaunt stehen geblieben. Eine dieser Spinnen saß in ihrem Netz zwischen dem Gebüsch und wollte wohl eigentlich ihre Libellenbeute für die Vorratskammer einpacken. Stattdessen war sie mit dem Versuch beschäftigt, sich gegen Wespen zu wehren. Zwei, drei schwirrten nur um das Netz herum. Drei andere attackierten die Spinne. Die klebrigen Fäden haben ihnen nichts anhaben können. Auf denen sind sie wie auf Laufstegen einfach herumspaziert. Immer wieder sind sie auf die Spinne los, bis diese regungslos war. Dann hat die eigentliche Arbeit der Wespen begonnen. Sie haben den Körper der Spinne nach und nach zerteilt. War ein Stückchen herausgesäbelt, ist eine von ihnen zu ihrem Nest geflogen. Schon war die nächste am Werk, um sich den nächsten Happen zu schnappen. Alles geschah unter den Augen der Bewacherwespen, die um das Netz herum auf und ab flogen.

Meinem Zeitempfinden nach hat es vom Tod der Beute bis zur Beendigung der Zerlegungs- und Wegbringarbeit  keine Minute gedauert.

Ihr Nest habe ich nicht ausgemacht. Ich habe versucht ihnen, nicht zu nahe zu kommen. Die etwa 2,5 Zentimeter großen, schwarzen Wespen, sind "Tatu"-Wespen (Synoeca cyanea), Gürteltier-Wespen. Sie bauen ihre Nester an Baumstämmen.  Ihren Namen haben sie erhalten, weil ihre Bauten dem Panzer eines Gürteltieres (Tatu) gleichen. Von dessen Gemächlichkeit haben sie nicht viel. Im Gegenteil. Sie sind äußerst aggressiv. Fühlen sie sich gestört, setzen sie zur Attacke an.

Als Alessandro beim Mähen einmal eins ihrer Nester hoch oben am Baumstamm nicht bemerkt hatte, haben sie sich auf ihn gestürzt, obwohl er noch mehrere Meter vom Baum entfernt war. Das war was. Plötzlich ließ er den Schwingmäher fallen und kam angerast. Zwei hatten ihn schmerzhaft erwischt und für Bäulen auf seiner Stirn gesorgt. Seitdem halte ich die Augen offen, um mögliche Tatu-Wespennester ausfindig zu machen, um die wir dann einen gebührenden Abstand einhalten. Oft dauert es nicht lang, bis sie sich wieder einen neuen Platz suchen oder ihre Bauten von Vögeln aufgebrochen werden. Vielleicht sind es auch andere Tiere, die die Wespennester hochnehmen. Beobachten konnte ich das bisher noch nicht. Verlassene Tatuwespennester mit Löchern habe ich aber schon etliche gesehen.

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